Lars Jessen hat den Bestseller von Dörte Hansen verfilmt, in dem es um persönliche Erfahrung und gesellschaftliche Realität auf dem Land geht.
Charly Hübner spielt den plattdeutsch sprechenden Hochschullehrer Ingwer mit einer faszinierenden Hingabe. Überfordert von der Aufgabe, die demente Großmutter zu pflegen und den Großvater gleichzeitig davon zu überzeugen, seinen alten Gasthof endlich aufzugeben, wächst er wieder hinein in die immer kleiner werdende Dorfgemeinschaft, die er einst verließ. Die schrägen Gestalten sind mit großer Sympathie gezeichnet und stehen ohne jede nostalgische Verklärung für ein Leben, das es so nie mehr geben wird. Dieser wunderbar sanftmütige Film aber, und Dörte Hansens Roman erst recht, sie zeigen überzeugend, dass man es nicht vergessen sollte. Selbst wenn man nicht viel aus der Vergangenheit lernt, so ist sie doch ungeheuer hilfreich bei dem Versuch, die Gegenwart zu verstehen.
(Ulrich Sonnenschein auf www.epd-film.de)
Ingwer, 47 Jahre alt und Dozent an der Kieler Uni, fragt sich schon länger, wo eigentlich sein Platz im Leben sein könnte. Als seine „Olen“ nicht mehr allein klarkommen, beschließt er, dem Leben in der Stadt den Rücken zuzukehren, um in seinem Heimatdorf Brinkebüll im nordfriesischen Nirgendwo ein Sabbatical zu verbringen. Doch den Ort seiner Kindheit erkennt er kaum wieder: auf den Straßen kaum Menschen, denn das Zusammenleben findet woanders statt, keine Dorfschule, kein Tante-Emma-Laden, keine alte Kastanie auf dem Dorfplatz, keine Störche, auf den Feldern wächst nur noch Mais, aus gewundenen Landstraßen wurden begradigte Schnellstraßen. Als wäre eine ganze Welt versunken. Wann hat dieser Niedergang begonnen? In den 1970ern, als nach der Flurbereinigung erst die Knicks und dann die Vögel verschwanden? Als die großen Höfe wuchsen und die kleinen starben? Als Ingwer zum Studium nach Kiel ging und seine Eltern mit dem Gasthof sitzen ließ? Wann verschwand die Mittagsruhe mit all ihren Herrlichkeiten und Heimlichkeiten? – Sönke Feddersen, de Ole, hält immer noch stur hinter seinem Tresen im alten Dorfkrug die Stellung, während Ella, seine Frau, mehr und mehr ihren Verstand verliert. Beide lassen Ingwer spüren, dass er sich schon viel zu lange nicht um sie gekümmert hat. Und nur in kleinen Schritten erkennt er, dass er noch längst nicht alle Geheimnisse entblättert hat.
FR 21.04.2023 | 19:30
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